Was ist sexualisierte Gewalt?






Was empfindet Ihr beim Lesen?
Ist das schon sexualisierte Gewalt?
JA!
Sexualisierte Gewalttaten umfassen eine Vielzahl an Formen, darunter unangemessene Gesten, beleidigende Kommentare, sexistische Witze, Objektifizierungen, ungewollte Aufforderungen, Catcalling (z. B. Johlen, Nachpfeifen, Rufe), körperliche Annäherung, unerwünschte Berührungen, Zwang zu sexuellen Handlungen bis hin zu Vergewaltigungen, pornografische oder sexuelle Bilder und Texte, unaufgeforderte Einladungen, Manipulation von Betroffenen bis zu sexuellen Handlungen, Exhibitionismus (das Zeigen von intimen Handlungen), Voyeurismus (das heimliche Beobachten, Filmen oder Fotografieren bei intimen Handlungen), sowie strukturelle sexualisierte Gewalt.
Letztere zeigt sich in der ungleichen Behandlung von Geschlechtern, Geschlechterstereotypen und Gender-Gaps, wie etwa der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen, der mangelnden oder ungleichen Datenerhebung zu Geschlechtern in der medizinischen Forschung oder bei der Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten.
Sie beginnt mit subtilen, oft fast unbemerkten, Formen der Grenzüberschreitung und endet mit körperlicher Gewalt.
Wann beginnt sexualisierte Gewalt?
Sexualisierte Gewalt beginnt viel früher, als die meisten Menschen vermuten. Sie tritt immer dann auf, wenn Sexualität oder sexuelle oder geschlechtsbezogene Aspekte verwendet werden, um Gewalt auszuüben oder Macht zu demonstrieren. Es handelt sich dann um eine gewalttätige Form der Sexualität oder eine sexualisierte Form der Gewalt.
Es geht nicht ausschließlich um das aktive Ausleben von Sexualität, sondern häufig auch um Grenzüberschreitungen, Belästigungen und andere Formen von Gewalt, die bis hin zu Vergewaltigungen reichen können. In diesen Fällen steht nicht die Sexualität selbst im Fokus, sondern der Missbrauch sexueller oder geschlechtsspezifischer Handlungen, Worte oder Verhaltenweisen als Mittel zur Erniedrigung, Demütigung und Entwürdigung des Opfers. Der sexuelle Aspekt wird hier zur Waffe, mit der Macht ausgeübt und Verachtung gezeigt wird, ohne dass tatsächlich sexuelle Bedürfnisse oder Interessen dahinterstehen. Sexualisierte Gewalt umfasst ein breites Spektrum von verbalen und nonverbalen Handlungen, die auch in Form von Mehrfachdiskriminierungen auftreten können, etwa interkulturell. Ein Beispiel dafür ist das Manipulieren von Opfern, um sie zu sexuellen Handlungen zu bewegen, ohne dass dabei offene Gewalt angewendet wird. Sexualisierte Gewalt kann sich also in subtileren, aber ebenso schädlichen Formen manifestieren.
In diesem Zusammenhang spielen auch andere Begriffe eine wichtige Rolle:
Sexismus
Sexismus beschreibt Diskriminierung, Vorurteile oder Benachteiligung aufgrund des Geschlechts und die Überzeugung, dass ein Geschlecht überlegen oder minderwertig ist.
Stereotype
Sexuelle Belästigung
Sexueller Übergriff
Intersektionelle Diskriminierung
Alle diese Formen der Gewalt und Diskriminierung umfassen sowohl bewusste als auch unbewusste Handlungen, die durch Vorurteile und stereotype Ansichten über Geschlecht oder Geschlechtsidentität geprägt sind. Auch wenn diese Urteile oft automatisiert und unbewusst erfolgen, sind sie dennoch nicht weniger verletzend und können schwere Auswirkungen auf die Betroffenen haben.
Darüber hinaus kann sexualisierte Gewalt auch auf struktureller Ebene auftreten, etwa durch bestehende Gender Gaps und Ungleichheiten. Diese Formen der Gewalt manifestieren sich in ungleichen Machtverhältnissen, die durch gesellschaftliche Normen und Institutionen verstärkt werden, wie etwa traditionelle Geschlechterrollen, Diskriminierung am Arbeitsplatz oder unzureichender Schutz durch rechtliche Systeme – insbesondere in Bezug auf Frauen und andere marginalisierte Gruppen.
Betroffenen von Gewalt und Missbrauch die Schuld für das ihnen widerfahrene Unrecht zugeschoben wird, wodurch ihr Leiden verstärkt und ihre Erholung behindert wird. Es findet eine nachträgliche Rechtfertigung statt. Und die sich wehrenden Betroffenen werden als zu empfindlich, zickig oder hysterisch dargestellt.
Was Du tun kannst
Hinsehen
Informiere Dich und setze Dich aktiv gegen sexualisierte Gewalt in jeder Form ein. Handeln ist die einzige richtige Lösung – sowohl in der Situation selbst als auch danach. Auch wenn Du Bedenken hast, Situationen falsch einzuschätzen oder Dich ungefragt einzumischen, gilt: Lieber einmal zu viel handeln als einmal zu wenig. Dein Eigenschutz hat jedoch stets Vorrang. Bringe Dich nicht selbst in Gefahr, sondern hole Dir Unterstützung und Hilfe, wenn nötig.
Zuhören
Wenn Dir jemand von erlebter Gewalt erzählt, ist das oft ein bedeutender Vertrauensbeweis. In solchen Momenten ist es wichtig, aufmerksam zuzuhören, der Person Glauben zu schenken und empathisch zu reagieren. Unterstütze sie, indem Du sie ermutigst, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Deine Reaktion sollte von Mitgefühl und Unterstützung geprägt sein, während Du gleichzeitig sicherstellst, dass die Person die notwendigen Ressourcen und Unterstützung erhält, um das Erlebte zu bewältigen.
Handeln
Weise Täter*innen auf ihr unangemessenes Verhalten hin und fordere sie auf, sofort aufzuhören: „Stopp!“, „Hör auf, mich zu belästigen!“ oder „Nein, ich möchte das nicht!“. Formuliere klar und deutlich – auch wenn es Dir unangenehm ist und Du einfach nur möchtest, dass die Situation aufhört. Indem Du Dich wehrst, trittst du für Dich ein und kannst das Erlebte besser verarbeiten. Sprich andere Personen an und bitte um Hilfe: „Bitte helfen Sie mir, ich werde belästigt.“ Dokumentiere die Situation und melde sie umgehend an Eltern, Vorgesetzte, Sicherheitspersonal oder Polizei.
Kollektiv agieren
Als Gesellschaft schaffen wir Veränderungen, indem wir das Thema wahrnehmen, enttabuisieren und die Herausforderungen und Folgen anerkennen. Um offene Diskurse zu führen, die zur Schaffung gewaltfreier Kulturen beitragen. Dies umfasst eine betroffenen-gerechte Justiz, angemessene Konsequenzen für Täter*innen sowie ganzheitliche Schutzräume und ‑konzepte.