
Gender Bias im Sportunterricht
Sport ist Mord? Zumindest ist Sportunterricht für viele Schüler*innen ein Spießrutenlauf zwischen Erwartungen, Leistungsdruck und Stereotypen.
Die Sportlehrerin meines Kindes in der 7. Klasse bewertet Mädchen und Jungen unterschiedlich. Sie hat dafür eine Tabelle, in der eingetragen ist, was Mädchen und Jungen leisten müssen. Momentan üben die Kinder Hochsprung. Die Mädchen müssen dabei deutlich weniger hoch springen als die Jungen, um die gleiche Note zu erzielen.
Die gleiche Herangehensweise gab es bereits beim Ballwurf, Weitsprung und Sprinten. Die Mädchen mussten weniger weit werfen, springen und sprinten.
WARUM?
Das Argument: Mädchen sind kleiner und schwächer als Jungen und können solche Sportarten nicht, daher brauchen sie einen Ausgleich. Beim Thema Tanzen, was traditionell eher Mädchen zugeschrieben wird, bekamen die Jungen jedoch keine solche Behandlung.
🤦♀️ Über die Absurdität dieser Aussagen möchte ich eigentlich nicht sprechen, tue es dennoch: gerade in dem Alter sind Mädchen körperlich häufig weiter entwickelt und auch größer als die Jungen in der Klasse. Jede*r kann jede Sportart. Unabhängig vom Geschlecht. Ob jemand eine Sportart gut kann, hängt von anderen Faktoren ab.
WAS SIND DIE FOLGEN?
Studien haben gezeigt, dass negativ stereotypisierte Mädchen, die mit Sätzen konfrontiert werden, wie „Jungen sprinten schneller“, einen Leistungseinbruch zeigten: sie liefen tatsächlich langsamer.*
Das ist eine mögliche Folge. Eine andere sehe ich ganz konkret in der Klasse meines Kindes:
👧 Einerseits fühlen die Mädchen sich abgewertet, andererseits erfahren sie eine Bevorzugung.
👦 Die Jungen fühlen sich unter Leistungsdruck gesetzt, unfair behandelt und dadurch auch abgewertet.
👧 👦 Was alle Kinder empfinden ist Konkurrenz, Gruppenbildung, Ungleichheit, Unfairness, Frustration, Wut und wenig Lust auf diesen Unterricht.
-> Denn in diesem zeigt sich durch die differenzierte Bewertung unterschiedliche gesellschaftliche Erwartungen an Leistungen, Eigenschaften und Status – abhängig vom Gender.
Alle Kinder werden in der Entfaltung ihrer individuellen Fähigkeiten und Neigungen sowie in ihrer Lust auf sportliche Betätigung und Teamplay eingeschränkt.
Sie lernen, dass das Verhältnis der Geschlechter zueinander nicht ausgeglichen ist und mit bestimmten Verhaltensweisen und Erwartungen assoziiert wird.
Lehnen Sie sich dagegen auf, sprechen Sie das Thema an, werden sie mit dem Satz abgekanzelt: „So sind die Regeln.“
💡Dabei sind Geschlechterdifferenzen in Eigenschaften, Fähigkeiten, Neigungen, Interessen und Verhaltensweisen gesellschaftlich hergestellt und können auch gesellschaftlich verändert werden.
💪Und auch dafür ist Sportunterricht wichtig. Er kann aktiv zum Abbau von Stereotypen und damit sexualisierte Gewalt beitragen. Denn Feminismus und Fairness ist immer eine Frage der Haltung.
© by Verena Arps-Roelle
HILFEPORTALE
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