
Kennt Ihr das Kitzelmonster?
Wisst ihr noch, wie es war, als Kind durchgekitzelt zu werden? Erst dieses lustige Gefühl, das irgendwann fast schon weh tat? Manchmal hieß dieses Spiel “Kitzelmonster”, manchmal “Kitzelmaschine” oder “Kitzelattacke”.
Habt Ihr Situationen erlebt, in denen Ihr wolltet, dass die Kitzelattacke aufhört, aber die Person hat nicht aufgehört und Euch sogar festgehalten? Ich habe dann eine Mischung aus kurz zuvor empfundener Freude, einsetzendem Unwohlsein und absoluter Verwirrung über diese Gefühle und dem Ausgeliefertsein empfunden.
Und erst vor einigen Jahren habe ich herausgefunden, dass ich damit nicht alleine bin. Wissenschaftliche Studien, wie “Humour, Tickle, and the Darwin-Hecker Hypothesis” der University of California belegen, dass Kitzeln mehr ist als Spaß.
WARUM IST DAS SO?
Kitzeln ist oft ein Familiensport.
Wenn wir jemanden kitzeln, insbesondere Kinder, denken wir oft, dass sie die ganze Zeit dabei Spaß dabei haben – sie lachen ja schließlich.
Doch das Lachen, das wir immer dann hören, wenn persönliche Grenzen des Wohlfühlens überschritten werden, kann nervös, hilflos oder sogar ein Reflex sein.
Sobald “Stop”, “Hör auf” oder ähnliche Bitten geäußert werden, hört der Spaß auf!
Was dann jedoch oft einsetzt, ist ein “Jetzt erst Recht”: Das Kitzeln geht weiter, und nicht selten enden solche Situationen in Tränen und gegenseitigem Unverständnis.
NEIN HEISST NEIN & NUR JA HEISST JA – AUCH IM SPIEL
✋ Kitzeln mag spielerisch wirken, enthält jedoch Botschaften von Macht und Kontrolle. Wird Kitzeln fortgesetzt und das Kind physisch gefangen, obwohl es NEIN sagt, wird diese Machtungleichheit offensichtlich – Kinder empfinden Ohnmacht und fehlende Selbstwirksamkeit. Früher wurde Kitzeln deshalb als Foltermethode eingesetzt.
✋ Die Art und Weise, wie wir auf das Bedürfnis von Kindern nach Grenzen und Autonomie reagieren, prägt ihre Entwicklung. Diese zu untergraben kann dazu führen, dass Kinder Schwierigkeiten haben, angemessene Grenzen zu setzen oder sich in Situationen, in denen physische Grenzen wichtig sind, sicher und handlungsfähig zu fühlen.
✋ Das Ignorieren der Bitten von Kindern, selbst in scheinbar lustigen Situationen, signalisiert, dass ihre Gefühle nicht wichtig sind.
❓Warum also nicht das Kitzeln unterbrechen? Gemeinsam entscheiden, ob und wann weitergekitzelt wird? Aktiv zeigen, dass die eigenen Grenzen beachtet werden – genauso wie die Grenzen anderer. Und es wichtig und richtig ist, diese zu verbalisieren und sich grenzüberschreitenden Situationen zu entziehen.
❗️Unsere Interaktionen mit Kindern prägen ihre Vorstellung von Grenzen und Respekt. Erleben Kinder, dass Grenzen nicht geachtet werden, kann dies zu einem Verlust der eigenen Grenzwahrung führen. Dann fühlen sich Menschen in Situationen von bspw. sexualisierter Gewalt ausgeliefert oder überschreiten die Grenzen anderer. So wurde es ihnen beigebracht.
WAS KÖNNEN WIR TUN?
Sensibel und respektvoll mit Kindern umgehen. In jeder Situation. Punkt.
© by Verena Arps-Roelle
HILFEPORTALE
Bist Du selber betroffen von sexualisierter Gewalt? Kennst Du jemanden, der von sexualisierter Gewalt betroffen ist? Oder befürchtest Du, selber gewalttätig zu sein oder zu werden?
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