#6

Ich, weiblich, war Mitte Zwanzig, als ich mich entschied meinen Arbeitgeber zu wechseln, um neue interessante Aufgaben zu übernehmen.

Eine Projektleitung für ein großes Projekt, das viele Bereiche im Unternehmen betraf.

Schnell hatte ich viele Kontakte – allein aufgrund der Aufgabe. Mir lag die Aufgabe, das Durchsteuern von Themen. In einer von Männern dominierten Branche setzte ich mich durch, machte Ansagen.

Ich glaube, die Männer fanden es irgendwie sexy. So auch Manfred.

Wir arbeiteten im gleichen Bereich, in unterschiedlichen Teams. Er war bestimmt 15 Jahre älter. Ich mochte ihn, weil er freundlich, nett und zuvorkommend war. Wie es bei uns so üblich war, gingen wir zusammen, meist in größerer Runde, Mittag essen.

Gerne stand Manfred dann beim Warten auf das Essen hinter mir. Manchmal sehr nah, was ich nicht mochte. Ich hielt es aus und versuchte bei zukünftigen Mittagessen in der Kantine, mich direkt auf dem Weg dorthin mit anderen Kollegen/innen zu unterhalten, um mich dann vor ihnen in der Schlange anzustellen.

In der Nachbetrachtung war es anstrengend, sich ständig jemanden zu suchen und sich in ein Gespräch verwickeln zu lassen.

In der operativen Arbeit gab es viele Besprechungen, auch Manfred nahm aufgrund seiner Funktion an vielen dieser teil. Gerne stand er schon zeitig an meiner Bürotür, um mich zum Besprechungsraum mitzunehmen. Wenn uns keine weiteren Kollegen begleiteten, nutzte er den Weg, um über meinen Rücken oder Po mit seiner Hand zu fahren oder zu streicheln. Nie zeigte ich Grenzen auf.

Warum, kann ich aus heutiger Sicht nicht beantworten. Bis zu dem Tag, als wir wieder eine Besprechung hatten und er mich auf dem Weg im Treppenhaus an die Wand drückte, mir seine Lippen auf meine presste und mich an meine Brüste fasste. Da befreite ich mich aus der Situation und sagte ihm, dass ich das nicht möge und er es lassen solle. Ich habe den Geruch immer noch in der Nase, wenn ich daran denke. Es hat mich geekelt – es war widerlich! Ich weiß nicht mehr, ob er es verstanden hat oder ich ihm dann komplett aus dem Weg gegangen bin. Dritten gegenüber habe ich es nie erzählt, weder im Freundes- und Familienkreis, noch im Unternehmen.

Warum? Ich glaube, weil ich mich geschämt habe.

WELCHE SEXUALISIERTE GEWALTTAT LIEGT VOR?

  1. Grenzverletzung durch ungewolltes zu Nahe kommen
  2. Körperliche Übergriffe durch immer massiver werdende ungewollte Berührungen bis hin zu Küssen
  3. Sexualisierte Reduzierung der Betroffenen
  4. Objektivierung der Betroffenen als verfügbaren Körper

 

WELCHE TATSTRUKTUR LIEGT VOR?

  1. Kollegialer Vertrauensmissbrauch
  2. Schaffen einer Vertrauensbasis durch den Täter durch sein freundliches und offenes Auftreten
  3. Nach und nach Grenzaustestung und Grenzverschiebung seitens des Täters, wobei er körperlich immer näher kam und im Laufe der Zeit übergriffiger wurde
  4. Machtdemonstration des Täters durch auch die teilweise öffentlich in der Kantine begangene Übergriffe

 

Jede Tat und jedes Erleben ist einzigartig. Und doch sind sie keine Einzelfälle. Im Gegenteil. Unser Dank gilt allen Persönlichkeiten, die den Mut haben, ihre Geschichten zu berichten und sexualisierter Gewalt eine Stimme zu geben. Danke.

#5

Ich, weiblich, war 43 Jahre alt und arbeitete in einem inhabergeführten Unternehmen.

Zunehmend wurden in der Kommunikation seitens des Vorgesetzten Stereotype verwendet. Dabei ging es darum, immer zu betonen, dass Männer stark sind: „Das sind starke Männer.“ Dabei wurde auch stets impliziert, dass Frauen schwach sind.

Der Vorgesetzte betonte zudem, dass er viel Anerkennung wolle. Er musste immer betonen, was er alles erreicht hatte und wie einzigartig dies im Vergleich zu anderen Personen sei.

Ein Status (wie diverse Bildungsabschlüsse) waren ihm ebenfalls extrem wichtig. Denn darüber konnte er sich darstellen. Zum Thema Status gehörten ebenfalls Geld, ein teuerer PKW, eine gehobene Position und eine oder mehrere gut aussehende Frauen im Team. Ich vergesse zudem nie die sexualisierenden Blicke, mit welchen wir als Frauen angeschaut wurden.

Hinzu kamen vermehrt Machtspiele und immer wiederkehrende Sticheleien, wenn es etwas im privaten Rahmen gab (zum Beispiel einen privaten PKW, mit dem jemand zur Arbeit fuhr), der nicht der Statusauffassung des Vorgesetzten entsprach. „In so etwas würde ich mich nie reinsetzen“, so eine beispielhafte Aussage. Er musste zu seiner Selbstbestätigung immer aufzeigen, dass er als Mann und Vorgesetzter etwas Besseres sei.

Grenzüberschreitungen waren so oft an der Tagesordnung. Diese betrafen auch die anderen männlichen Mitarbeiter. Auch wenn das Team einstimmig sagte, dass man zum Beispiel auf eine gleichberechtigte Darstellung einer Präsentation achten müsste, wurde seitens des Vorgesetzten dieses absichtlich dementiert und als langweilig und spießig bezichtigt. Denn er wollte, dass männliche Eigenschaften im Vordergrund standen. Ich kann viele Beispiele nennen, die in eine ähnliche Richtung gehen. Damit wurde immer sichtbarer, dass es hier um Macht, Kontrolle und Status ging, eingebettet in einen narzisstischen Kontext: Ich kann das, ich darf das. Was interessieren mich Gesetze.

WELCHE SEXUALISIERTEN GEWALTTATEN LIEGEN VOR?

  1. Sexualisierte Gewalt durch Anstarren, Bemustern oder bspw. das Gesäß fixieren
  2. Verbale sexualisierte Gewalt durch die Verwendung von Stereotypen zur Einteilung in alte Rollenbilder, um insbesondere weibliche Personen aufgrund ihres Geschlechts minderwertiger wirken und fühlen zu lassen
  3. Abwerten der weiblichen Person, um sich als Mann aufzuwerten

WELCHE TATSTRUKTUREN LIEGEN VOR?

  1. Ein stereotypes Bewertungsmodell seitens des Vorgesetzten, nach welchem Geld, Macht und Statussymbole in den Vordergrund gerückt wurden
  2. Bewertung von Mitarbeiterinnen über ihr Aussehen
  3. Ungewollte und unpassende Äüßreungen, getarnt als vernmeintliche Komplimente, zur Objektivierung und damit Abwertung und Reduktion der Personen
  4. Verwendung von Stereotypen: starke Männer – schwache Frauen
  5. grenzverletzende Aufwertung und Positionierung
  6. Grenzüberschreitungen 
  7. Stark wirkende und blockierende hierarchische Systeme, in denen der Vorgesetzte das letzte Wort hat und auch die kulturelle Richtung vorgibt, selbst wenn vom Team anders gewünscht und rechtlich verlangt

Jede Tat und jedes Erleben ist einzigartig. Und doch sind sie keine Einzelfälle. Im Gegenteil. Unser Dank gilt allen Persönlichkeiten, die den Mut haben, ihre Geschichten zu berichten und sexualisierter Gewalt eine Stimme zu geben. Danke. 

#2

Ich, weiblich, 30 Jahre, arbeite als Chemikerin in einem Unternehmen. Vor einigen Tagen hatten wir ein Meeting mit den Führungsverantwortlichen aller Abteilungen.

Unsere Firma wird umstrukturiert und dafür kommen die Inhabenden in den nächsten Tagen zu uns in die Firma. Wir sind alle besorgt, inwieweit die Umstrukturierungen auch unsere Arbeitsplätze betreffen.

Mein älterer Kollege aus dem Vertrieb sagte daraufhin in einem Meeting der Führungsverantwortlichen zu einer etwas jüngeren Kollegin von mir:

„Dann ziehst Du Dir aber einen ganz kurzen Rock an!“

Ich war total irritiert von dem Spruch und dachte nur “Was soll das denn jetzt?” Meine Kollegin war sichtbar verdattert und hat darauf gar nichts erwidert. Das Meeting war kurz darauf vorbei und ich bin zu ihr gegangen und habe sie gefragt, ob es ihr ebenso ging wie mir. Sie sagte ja, diesen Spruch hätte sie als echt unnötig empfunden, er hätte sie verletzt und sie vor allen Kolleg*innen herabgewürdigt. Und als ob ihr kurzer Rock unsere Jobs retten könnte.

Ich habe sie gefragt, ob wir gemeinsam zu unserem Geschäftsführer gehen sollen. Sie sagte, dass sie das nicht möchte, weil es sowieso nichts bringt und der entsprechende Kollege ja sowieso bald in Rente geht. Allerdings sind solche Sprüche bei uns in der Firma an der Tagesordnung. Besonders durch diesen Kollegen, jedoch auch durch andere.

Wir überlegen jetzt, ob wir uns an den Betriebsrat wenden. 

WELCHE SEXUALISIERTEN GEWALTTATEN LIEGEN VOR?

1. Verbale sexualisierte Gewalt durch die Aussage und Aufforderung des Kollegen, sich einen kurzen Rock anzuziehen

2. Objektifizierung und Manipulation der Betroffenen als Frau, die mit ihrem Sex Appeal die Unternehmensinhabenden positiv beeinflussen soll

3. Bewertung und Abwertung der Betroffenen durch das Stereotype Rollenbild, in dem Frauen kurze Röcke tragen und Männer sie dazu auffordern dürfen

WELCHE TATSTRUKTUREN LIEGEN VOR?

1. Hierarchisches Gefälle durch den großen Altersabstand der Tatpersonen und der Betroffenen

2. Unsicherheit der Betroffenen und Beobachtenden, wo sie die Tat melden kann und ob diese ernst genommen wird

3. Tolerieren der Taten durch die anwesenden Kolleg*innen

4. Verankerung der Taten durch Duldung und Ignorieren in der Unternehmenskultur 

Jede Tat und jedes Erleben ist einzigartig. Und doch sind sie keine Einzelfälle. Im Gegenteil. Unser Dank gilt allen Persönlichkeiten, die den Mut haben, ihre Geschichten zu berichten und sexualisierter Gewalt eine Stimme zu geben. Danke. 

Sexismus am Arbeitsplatz

Sexismus am Arbeitsplatz

Sexualisierte Gewalt ist keine Privatsache. Denn Sexismus ist auch im Business Realität.

WAS BEDEUTET DAS FÜR BETROFFENE UND UNTERNEHMEN?

Ich bin Geschädigte und Zeugin sexualisierter Gewalt. Durch Lehrende, Fremde, Angehörige, Bekannte, Vorgesetzte. Von Kindheit an. Verbal und körperlich.

Ich bin auch eine Kämpferin gegen sexualisierte Gewalt. Mit vielfältigen Erfahrungen. Einige möchte ich privat halten.

Über ein Erlebnis im Business schreibe ich hier und heute.

Denn sexualisierte Gewalt, besonders Sexismus, ist keine Privatsache.Diese Form der Gewalt findet überall statt. Auch und besonders in Unternehmen. Dort, wo Machtgefälle besonders groß sind. Wo Abhängigkeiten bestehen. Wo Menschen zwangsläufig miteinander arbeiten müssen.

Ich teile eine meiner Erfahrungen. Um zu sensibilisieren für das, was in Unternehmen auch passiert und die dort arbeitenden Menschen beeinflusst, gefährdet und schädigt.

Denn ein Unternehmen, dass Sexismus und sexualisierte Formen der Gewalt toleriert, oder sogar, wie in meinem Fall, fördert und aktiv im Umgang miteinander lebt, schadet nicht nur sich selber langfristig, sondern ebenso den betroffenen Menschen und Zeug*innen.

ES WAR EINMAL IN EINEM UNTERNEHMEN…

Vor 15 Jahren habe ich mit großer Vorfreude und vielen positiven Erwartungen einen Job angenommen in einer für mich attraktiven Firma, mit vielen netten Kolleg*innen und der Möglichkeit, Karriere in der Fashionbranche zu machen. Als Produktmanagerin mit Führungsverantwortung, der Geschäftsführung direkt unterstellt. Ich war aufgefegt, enthusiastisch und mehr als motiviert.

Die Crux war mein direkter Vorgesetzter, der, wie sich herausstellte, extrem sexualisiert gedacht und gesprochen hat. Mein Chef hat mich an einem meiner ersten Arbeitstage aufgefordert, vor meinen beiden Kollegen und den stets männlichen Lieferanten, als Modell für zu begutachtende Kleidung zu dienen.

Und da stand ich dann.

Meistens in seinem Büro, mir gegenüber an der Wand ein überlebensgroßes Porträt von zwei Frauen, die oralen Sex miteinander haben (kein Scherz!).

Mal in engen Kleidern, mal in Bikini, mal in T-Shirts und Jeans oder Hot Pants.

Es schnürte mir wortwörtlich die Luft ab und das pornographische Bild überschritt meine professionelle Grenze um Längen. Doch das direkt zu thematisieren habe ich mich nicht getraut. Viele Kolleg*innen fanden es cool und waren der Meinung, dass ich zu den Glücklichen gehöre, die ins Büro des Chefs gehen und dieses Bild sehen dürfen.

Vielleicht war ich noch nicht locker genug? Vielleicht war das in anderen Unternehmen auch üblich? Was im ersten Moment für mich während des Einkaufsprozesses zwar seltsam, jedoch praktisch erschien – ich war die einzige Frau, also prädestiniert um Frauenklamotten anzuprobieren – wurde durch die selbstverständliche Voraussetzung keines Einverständnisses und der unangemessenen Situation direkt unangenehm, demütigend und zu einem emotionalen Spießrutenlauf.

 

❌ Über mich wurde geredet, nicht mit mir.

❌ Mein Körper war ein Objekt, der anhand der Kleidung physisch begutachtet und bewertet wurde.

❌ Über meinen Körper wurde gesprochen – abwertend, sexistisch, sexuell.

„Also sexy ist das nicht!“

„Das liegt nicht am Schnitt, sie hat einen viel zu langen Oberkörper.“

„Oh, XS ist ihr zu klein. Scheiße!“

 

Auf Augenhöhe mit meinen Kollegen fühlte ich mich nicht mehr. Und das war ich in ihren Augen auch nicht. Ich konnte Ihnen nicht mehr unbefangen begegnen. ich hatte eine Rolle erhalten und diese auszufüllen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

ES KAM, WIE ES KOMMEN MUSSTE…

Und obwohl ich spannende Herausforderungen hatte, vernetzt und mit meiner Expertise geschätzt war, wog das den erlebten Sexismus, die unprofessionelle Sexualisierung und übergriffige Machtdemonstration nicht auf. Ich ekelte mich. Ich fühlte mich gedemütigt. Ich hatte das Gefühl, nicht zu genügen. Den richtigen Job in der falschen Firma zu haben. Oder lag ich falsch?

Nach ein paar Wochen war ich in ein eigenes Projekt so eingespannt, dass eine andere Mitarbeitende meinen Kleiderständer-Job teilweise übernahm. Das fühlte sich für mich nicht besser an. Der Kelch war weitergereicht worden.

Ich thematisierte das vorsichtig bei Kolleg*innen – die übliche Reaktion war:

„Ja, der Chef ist so.”

“Damit musst du leben. Ist seine Firma, der kann machen was er will.”

“Dafür ist er ja auch sonst ganz locker.“

Fand ich schwierig. Oder war ich schwierig? War ich zu sensibel? Sollte ich nicht vielmehr dankbar sein, ausgewählt worden zu sein?

NEIN!

Schwierig war die ständige Machtdemonstration über Sexualisierung durch den Vorgesetzten.

 

Und dann kam der Retter? Nein! Ich fasste all meinen Mut zusammen…

Ich wandte mich an den zweiten Geschäftsführenden, mit dem ich die konstruktiven Bewerbungsgespräche hatte. Er verstand mich, kannte das Problem, konnte jedoch nichts ändern. Und scheute, so denke ich heute, die Konfrontation.

 

Also wieder zurück zu Business as usual?

NO WAY! 

Das war der Moment, in dem ich das erste Mal in meinem Leben für mich aufgestanden und gegangen bin. Mit zitternden Knien und vielen Sorgen im Herzen habe ich fristlos gekündigt – nach 9 Monaten. 🖕

Es war die richtige Entscheidung, doch sie hat viele negative Konsequenzen für mich gehabt: finanziell, karrieretechnisch und emotional.

Mein Selbstvertrauen als Arbeitnehmende und staatlich geprüfte Expertin war erschüttert.

Wie konnte es sein, dass im Unternehmen diese Art der Kommunikation und Übergriffigkeit zugelassen wurde? Indem sie ignoriert, geduldet und sogar aktiv nachgeahmt wurde? Indem mir vermittelt wurde, dies als Gunstbeweis des Chefs zu sehen und nicht als Übergriff?

Ich habe versucht, das Erlebte, gemeinsam mit vielen anderen Ergebnissen sexualisierter Gewalt, zu verdrängen. Das funktionierte jedoch nicht. Ich wurde krank.

Ich hatte Sexismus erlebt in einem Rahmen, in dem ich mich für geschützt gehalten hatte. Es war mir nicht, wie sonst so häufig, auf der Strasse, auf Parties oder mit lockeren Bekannten passiert. Sondern in einem vermeintlich professionellen Rahmen, als Expertin auf meinem Gebiet, ohne Greifen der üblichen Schuldzuweisungen gegenüber Betroffenen (Du hattest bestimmt Alkohol getrunken, Du warst sexy gekleidet, Du hast geflirtet, …). Getarnt als Arbeitsauftrag.

 

Ich empfand und empfinde bis heute solche Strukturen und Kulturen als krankmachend für Betroffene, Teams und Unternehmen. 

Sexualisierte Gewalt in jeder Form vergiftet die Arbeitsatmosphäre und das Betriebsklima. Sie demotiviert, ängstigt, traumatisiert und erzeugt massive psychische und physische Symptome.

Nach vielen Jahren des Aufarbeitens, der Reflektion und Weiterentwicklung habe ich mich heute , wieder gesundet, dem Thema verschrieben und die Initiative „act & protect – gegen sexualisierte Gewalt“ und die „act & protect Acadamy by Elementartraining“ gegründet.

ICH BIN NICHT ALLEINE. ES GIBT TAUSENDE BETROFFENE.

Ca. 50% aller Beschäftigten haben sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz erlebt.* Offensichtlich und unterschwellig. Und immer als Demonstration von Respektlosigkeit, Hierarchie, Macht, Abhängigkeit oder Konkurrenz.

 

Dabei ist sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz in Deutschland verboten. Und Arbeitnehmer*innen durch das AGG rechtlich geschützt. § 3 Abs. 4 verbietet sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt. Sowohl als verbales, non-verbales und körperliches Verhalten.**

☝️ Arbeitgebende haben die Pflicht, alle Angestellten aktiv vor sexueller Belästigung zu schützen (§ 12 AGG).

✋ Beschäftigte haben immer das Recht, sich zu wehren. Bei ausbleibender Hilfe sind sie zudem berechtigt, Leistung zu verweigern und ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen (§ 14 AGG).

 

Doch dieser Verantwortung werden Arbeitgebende und Unternehmen meistens nicht gerecht. Im Gegenteil – häufig findet findet bei sexualisierter Gewalt eine nachträgliche Vertuschung oder Verharmlosung statt: „Das war doch nur ein Kompliment / Witz / nett gemeint.“

 

Oder Betroffene sind überempfindlich und zickig: „Jetzt mach dich mal locker / sieh das nicht so eng / stell dich nicht so an.“  Die Betroffenen wechseln nach einiger Zeit häufig frustriert und angeschlagen die Position, kündigen oder werden arbeitsunfähig.

 

Die Tatperson erfahren jedoch viel zu oft keine Konsequenzen. Sie werden nicht zur Verantwortung gezogen. Sie werden mit ihrem Verhalten nicht konfrontiert. Stattdessen wird ihr Verhalten häufig weiterhin toleriert.

So entsteht eine Kultur der Unterdrückung, der Angst, der die Motivation und destruktiver Dynamiken.

Daher ist es so elementar wichtig, sich dieser Probleme bewusst zu werden. Als Betroffene*r, als Zeuge*in, als Vorgesetzte*r, in HR und Unternehmensführung. Ehrlich und selbstreflektierend.

Denn in vielen Unternehmen fehlt ein Bewusstsein für das Problem der sexualisierten Gewalt. Und damit präventive Maßnahmen, funktionierende Beschwerdestrukturen, angemessene Maßnahmen gegen Taten und das Ernstnehmen und Umsetzen der gesetzlichen Schutzpflicht.

WAS KÖNNEN UND MÜSSEN UNTERNEHMEN TUN?

Sie können, bspw. mit der act & protect Acadamy, wirksame Strategie entwickeln und umsetzen, um ein Statement gegen sexualisierte Gewalt zu setzen und Schutzräume zu schaffen. Durch transparenten Umgang und Null Toleranz Kultur.

SEE IT. NAME IT. STOP IT.

Durch Ergreifen präventiver Maßnahmen und Aufnahme dieser in die Unternehmenskultur. Durch Schaffen funktionierender Beschwerdestrukturen. Durch schützende Maßnahmen für Betroffene. Durch angemessene Sanktionen für Tatpersonen.

Als Betroffene und Zeug*innen können und sollten wir immer reagieren, indem wir :

  • uns bewusst machen, dass wir nicht Schuld sind
  • unsere Gefühle ernst nehmen.
  • der belästigenden Person sagen, dass wir uns durch ihr Verhalten belästigt fühlen
  • deutlich machen, dass wir das nicht möchten
  • ein Gedächtnisprotokoll zur Dokumentation führen
  • Arbeitgebende, betriebliche Beschwerdestelle, Gleichstellungsbeauftragte oder Betriebs- oder Personalrat informieren
  • außerbetriebliche Unterstützung einholen, zum Beispiel bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes https://www.antidiskriminierungsstelle.de

 

MIT ACT & PROTECT BEWEGE ICH MEHR!

Zu lange habe ich mich sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Immer unsicher, ob ich zu sensibel bin, oder die Tatpersonen übergriffig.

Mit der von mir gegründeten Initiative act & protect gehe ich jetzt gegen solche Strukturen und Kulturen vor. 

Ich möchte als Impulsgebende, Schulende und Stimme eine kulturelle Bewusstseinsänderung in Bezug auf sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft, in Medien, in Agenturen, in Unternehmen, in Politik und Justiz erreichen.

Über die:

  • Gesetzliche Verankerung von Catcalling, der verbalen sexuellen Belästigung, als Strafbestand in Deutschland. In Deutschland gilt sexuelle Belästigung erst als solche, wenn es Körperkontakt gab (Stand: Nov. 2020), während in Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Portugal Catcalling bereits strafbar ist. Unsere Forderung ist Teil der der Leitpetition PET 4-20-07-49121-003699,m die dem Deutschen Bundestag vorliegt.
  • Kind- und Opfergerechte Justiz, um das Erlebte besser zu verarbeiten, Selbstwirksamkeit zu empfinden und Mehrfachbelastungen zu vermeiden. Durch eine dem Alter und den Bedürfnissen des Kindes angemessene Verfahrensgestaltung, Videovernehmungen, begleitende qualifizierte Vertrauenspersonen, Schulung und interdisziplinärer Austausch aller in Verfahren involvierter Akteur*innen, verbindliche Qualitätsstandards. Als Vorbild kann das aus Skandinavien stammende Barnahus-Modell dienen.
  • Einrichtung von Schutzkonzepten, online und offline, in Organisationen, Vereinen, Kitas, Schulen, Hochschulen, Pflegeeinrichtungen, Agenturen und Unternehmen. Über Risiko- und Potenzialanalysen, die präventive Strukturen und Maßnahmen offenlegen und gestakten. Um Betroffenen und Tatpersonen konkrete Anlaufstellen und Hilfe zu bieten. Um kein Tatort zu sein.
  • Einführung eines act & protect Siegels, in Zusammenarbeit mit der act & protect Acadamy, für Organisationen, Vereine, Kitas, Schulen, Hochschulen, Pflegeeinrichtungen, Agenturen und Unternehmen zur transparenten und sichtbaren Positionierung gegen Sexismus. Als gelebtes Statement in Arbeit, Dienstleistungen und Produkten. Siegeltragende dienen so als Multiplikatoren. Gleichzeitig sehen Interessierte, Mitglieder, Mitarbeitende, Kund*innen und Bewerber*innen, was Siegeltragende außergewöhnlich macht.

 

Das ist das erste Kapitel meiner Geschichte.

Denn ich bin erst am Anfang dieser Reise. Doch ich weiß: sie wird die wichtigste meines Lebens.

© by Verena Arps-Roelle

 

HILFEPORTALE

Bist Du selber betroffen von sexualisierter Gewalt? Kennst Du jemanden, der von sexualisierter Gewalt betroffen ist? Oder befürchtest Du, selber gewalttätig zu sein oder zu werden?

Dann findest Du hier kompetente, anonyme und kostenfreie Beratung:

HILFETELEFON
08000 116 016 und www.hilfetelefon.de

HILFETELEFON GEWALT AN MÄNNERN
0800 123 990 0 und www.maennerhilfetelefon.de

NUMMER GEGEN KUMMER
116 117 und www.nummergegenkummer.de

TATGENEIGTE PERSONEN
www.kein-taeter-werden.de

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