#5

Ich, weib­lich, war 43 Jahre alt und arbei­te­te in einem inha­ber­ge­führ­ten Unternehmen.

Zunehmend wur­den in der Kommunikation sei­tens des Vorgesetzten Stereotype ver­wen­det. Dabei ging es dar­um, immer zu beto­nen, dass Männer stark sind: „Das sind star­ke Männer.“ Dabei wur­de auch stets impli­ziert, dass Frauen schwach sind.

Der Vorgesetzte beton­te zudem, dass er viel Anerkennung wol­le. Er muss­te immer beto­nen, was er alles erreicht hat­te und wie ein­zig­ar­tig dies im Vergleich zu ande­ren Personen sei.

Ein Status (wie diver­se Bildungsabschlüsse) waren ihm eben­falls extrem wich­tig. Denn dar­über konn­te er sich dar­stel­len. Zum Thema Status gehör­ten eben­falls Geld, ein teue­rer PKW, eine geho­be­ne Position und eine oder meh­re­re gut aus­se­hen­de Frauen im Team. Ich ver­ges­se zudem nie die sexua­li­sie­ren­den Blicke, mit wel­chen wir als Frauen ange­schaut wurden.

Hinzu kamen ver­mehrt Machtspiele und immer wie­der­keh­ren­de Sticheleien, wenn es etwas im pri­va­ten Rahmen gab (zum Beispiel einen pri­va­ten PKW, mit dem jemand zur Arbeit fuhr), der nicht der Statusauffassung des Vorgesetzten ent­sprach. „In so etwas wür­de ich mich nie rein­set­zen“, so eine bei­spiel­haf­te Aussage. Er muss­te zu sei­ner Selbstbestätigung immer auf­zei­gen, dass er als Mann und Vorgesetzter etwas Besseres sei.

Grenzüberschreitungen waren so oft an der Tagesordnung. Diese betra­fen auch die ande­ren männ­li­chen Mitarbeiter. Auch wenn das Team ein­stim­mig sag­te, dass man zum Beispiel auf eine gleich­be­rech­tig­te Darstellung einer Präsentation ach­ten müss­te, wur­de sei­tens des Vorgesetzten die­ses absicht­lich demen­tiert und als lang­wei­lig und spie­ßig bezich­tigt. Denn er woll­te, dass männ­li­che Eigenschaften im Vordergrund stan­den. Ich kann vie­le Beispiele nen­nen, die in eine ähn­li­che Richtung gehen. Damit wur­de immer sicht­ba­rer, dass es hier um Macht, Kontrolle und Status ging, ein­ge­bet­tet in einen nar­ziss­ti­schen Kontext: Ich kann das, ich darf das. Was inter­es­sie­ren mich Gesetze.

WELCHE SEXUALISIERTEN GEWALTTATEN LIEGEN VOR?

  1. Sexualisierte Gewalt durch Anstarren, Bemustern oder bspw. das Gesäß fixieren
  2. Verbale sexua­li­sier­te Gewalt durch die Verwendung von Stereotypen zur Einteilung in alte Rollenbilder, um ins­be­son­de­re weib­li­che Personen auf­grund ihres Geschlechts min­der­wer­ti­ger wir­ken und füh­len zu lassen
  3. Abwerten der weib­li­chen Person, um sich als Mann aufzuwerten

WELCHE TATSTRUKTUREN LIEGEN VOR?

  1. Ein ste­reo­ty­pes Bewertungsmodell sei­tens des Vorgesetzten, nach wel­chem Geld, Macht und Statussymbole in den Vordergrund gerückt wurden
  2. Bewertung von Mitarbeiterinnen über ihr Aussehen
  3. Ungewollte und unpas­sen­de Äüßreungen, getarnt als vern­meint­li­che Komplimente, zur Objektivierung und damit Abwertung und Reduktion der Personen
  4. Verwendung von Stereotypen: star­ke Männer – schwa­che Frauen
  5. grenz­ver­let­zen­de Aufwertung und Positionierung
  6. Grenzüberschreitungen
  7. Stark wir­ken­de und blo­ckie­ren­de hier­ar­chi­sche Systeme, in denen der Vorgesetzte das letz­te Wort hat und auch die kul­tu­rel­le Richtung vor­gibt, selbst wenn vom Team anders gewünscht und recht­lich verlangt

Jede Tat und jedes Erleben ist ein­zig­ar­tig. Und doch sind sie kei­ne Einzelfälle. Im Gegenteil. Unser Dank gilt allen Persönlichkeiten, die den Mut haben, ihre Geschichten zu berich­ten und sexua­li­sier­ter Gewalt eine Stimme zu geben. Danke. 

Ähnliche Beiträge