Kennt Ihr den Gerechte-Welt-Glaube?

Diese Hypothese beschreibt die kognitive Neigung, bei der Menschen die Welt als gerecht wahrnehmen wollen. Aus dem Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle über das eigene Leben heraus nehmen wir an, dass Menschen das bekommen, was sie verdienen. Schlechte Dinge geschehen nicht zufällig, sondern denjenigen, die es provoziert haben.

Im Kontext sexualisierter Gewalt bedeutet dies, dass Betroffene dann für Taten verantwortlich gemacht werden. 

“Selbst schuld, wenn sie sich so anzieht?” ⁉️

“Was hat sie denn erwartet auf einer After Show Party?!” ⁉️

“Du wirkst ja auch wie ein Opfer!” ⁉️

Das ist absolut ungerechtfertigt und falsch!

WARUM IST DAS SO?

Der Gerechte-Welt-Glaube spielt eine entscheidende Rolle beim sogenannten Victim Blaming, der Täter-Opfer-Umkehr, und der Opfer-Abwertung.

Anstatt Täter*innen zur Rechenschaft zu ziehen und Konsequenzen zu fordern, wird Betroffenen Schuld und Verantwortung für Gewalttaten zugeschrieben. 

⚠️ Mitschwerwiegenden Konsequenzen.

Denn Victim Blaming verstärkt nicht nur das Leiden der Betroffenen, sondern schafft auch eine Kultur des Schweigens und der Stigmatisierung.

Der Gedanke „Das wäre nicht passiert, wenn die Person sich nicht so oder so verhalten hätte“ verleiht uns ein Gefühl der Handlungsfähigkeit. Weil wir usn nicht ohnmächtig fühlen möchten, hoffen wir auf eine gerechte Welt. In der wir selbst unser Schicksal mitbestimmen. In der uns nur dann etwas Schlimmes passiert, wenn wir nicht gut genug aufgepasst oder falsche Entscheidungen getroffen haben.

Doch das ist nicht nur unrealistisch, sondern in diesem Kontext sogar gefährlich!

Fühlen sich Betroffene nicht sicher ihre Erfahrungen zu teilen oder Unterstützung zu suchen, ohne Abwertungen oder einem Shitstorm zu begegnen, schweigen sie. Dadurch bleiben Taten unentdeckt, Täter*innen unerkannt und Dunkelziffern hoch. 

WAS KÖNNEN WIR TUN?

Wir können den Gerechte-Welt-Glauben herausfordern, indem wir:

💡 Uns über Dynamiken und Auswirkungen informieren. Je mehr wir wissen, desto besser können wir uns wappnen – in Schulen, am Arbeitsplatz, in unserer Freizeit und in der Familie.

💡 Unsere eigenen Denkmuster und Vorurteile hinterfragen und anerkennen, dass sexualisierte Gewalttaten niemals die Schuld der Betroffenen sind, unabhängig von Zeitpunkt, Ort,  Kleidung oder Verhalten dieser.

💡 Mitgefühl und Unterstützung für die Betroffenen zeigen. Wir sollten ihnen Glauben schenken und sie ermutigen, ihre Geschichten zu teilen, ohne zu verurteilen oder zu beschuldigen.

💡 Indem wir hinterfragen und Verständnis für die Erfahrungen von Betroffenen entwickeln, können wir dazu beitragen, eine Kultur des Respekts, des Mitgefühls und der Solidarität zu schaffen.

Nur so können wir gemeinsam gegen Gewalt vorgehen und eine sicherere und gerechtere Gesellschaft aufbauen – ohne Mythen und Vorurteile.

 

© by Verena Arps-Roelle

 

HILFEPORTALE

Bist Du selber betroffen von sexualisierter Gewalt? Kennst Du jemanden, der von sexualisierter Gewalt betroffen ist? Oder befürchtest Du, selber gewalttätig zu sein oder zu werden?

Dann findest Du hier kompetente, anonyme und kostenfreie Beratung:

HILFETELEFON
116 016 und www.hilfetelefon.de

HILFETELEFON GEWALT AN MÄNNERN
0800 123 990 0 und www.maennerhilfetelefon.de

ANTIDISKRIMINIERUNGSSTELLE DES BUNDES

0800 546 546 5 und  www.antidiskriminierungsstelle.de

TATGENEIGTE PERSONEN
www.kein-taeter-werden.de

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