Ich, weiblich, war 43 Jahre alt und arbeitete in einem inhabergeführten Unternehmen.
Zunehmend wurden in der Kommunikation seitens des Vorgesetzten Stereotype verwendet. Dabei ging es darum, immer zu betonen, dass Männer stark sind: „Das sind starke Männer.“ Dabei wurde auch stets impliziert, dass Frauen schwach sind.
Der Vorgesetzte betonte zudem, dass er viel Anerkennung wolle. Er musste immer betonen, was er alles erreicht hatte und wie einzigartig dies im Vergleich zu anderen Personen sei.
Ein Status (wie diverse Bildungsabschlüsse) waren ihm ebenfalls extrem wichtig. Denn darüber konnte er sich darstellen. Zum Thema Status gehörten ebenfalls Geld, ein teuerer PKW, eine gehobene Position und eine oder mehrere gut aussehende Frauen im Team. Ich vergesse zudem nie die sexualisierenden Blicke, mit welchen wir als Frauen angeschaut wurden.
Hinzu kamen vermehrt Machtspiele und immer wiederkehrende Sticheleien, wenn es etwas im privaten Rahmen gab (zum Beispiel einen privaten PKW, mit dem jemand zur Arbeit fuhr), der nicht der Statusauffassung des Vorgesetzten entsprach. „In so etwas würde ich mich nie reinsetzen“, so eine beispielhafte Aussage. Er musste zu seiner Selbstbestätigung immer aufzeigen, dass er als Mann und Vorgesetzter etwas Besseres sei.
Grenzüberschreitungen waren so oft an der Tagesordnung. Diese betrafen auch die anderen männlichen Mitarbeiter. Auch wenn das Team einstimmig sagte, dass man zum Beispiel auf eine gleichberechtigte Darstellung einer Präsentation achten müsste, wurde seitens des Vorgesetzten dieses absichtlich dementiert und als langweilig und spießig bezichtigt. Denn er wollte, dass männliche Eigenschaften im Vordergrund standen. Ich kann viele Beispiele nennen, die in eine ähnliche Richtung gehen. Damit wurde immer sichtbarer, dass es hier um Macht, Kontrolle und Status ging, eingebettet in einen narzisstischen Kontext: Ich kann das, ich darf das. Was interessieren mich Gesetze.
WELCHE SEXUALISIERTEN GEWALTTATEN LIEGEN VOR?
- Sexualisierte Gewalt durch Anstarren, Bemustern oder bspw. das Gesäß fixieren
- Verbale sexualisierte Gewalt durch die Verwendung von Stereotypen zur Einteilung in alte Rollenbilder, um insbesondere weibliche Personen aufgrund ihres Geschlechts minderwertiger wirken und fühlen zu lassen
- Abwerten der weiblichen Person, um sich als Mann aufzuwerten
WELCHE TATSTRUKTUREN LIEGEN VOR?
- Ein stereotypes Bewertungsmodell seitens des Vorgesetzten, nach welchem Geld, Macht und Statussymbole in den Vordergrund gerückt wurden
- Bewertung von Mitarbeiterinnen über ihr Aussehen
- Ungewollte und unpassende Äüßreungen, getarnt als vernmeintliche Komplimente, zur Objektivierung und damit Abwertung und Reduktion der Personen
- Verwendung von Stereotypen: starke Männer – schwache Frauen
- grenzverletzende Aufwertung und Positionierung
- Grenzüberschreitungen
- Stark wirkende und blockierende hierarchische Systeme, in denen der Vorgesetzte das letzte Wort hat und auch die kulturelle Richtung vorgibt, selbst wenn vom Team anders gewünscht und rechtlich verlangt
Jede Tat und jedes Erleben ist einzigartig. Und doch sind sie keine Einzelfälle. Im Gegenteil. Unser Dank gilt allen Persönlichkeiten, die den Mut haben, ihre Geschichten zu berichten und sexualisierter Gewalt eine Stimme zu geben. Danke.