„Geh nicht alleine im Dunkeln nach Hause.“ „Trink kein Alkohol!“ „Achte darauf, was du anziehst.“ „Hab einen Schlüssel als Waffe in deiner Hand.“ „Mach dich nicht zum Opfer.“

Kennt Ihr auch solche Ratschläge? Und stellt Ihr Euch auch die Frage, warum wir oft nur über das vermeintlich Übergriffe vermeiden sollende Verhalten von Betroffenen sprechen? 

WARUM IST DAS SO?

Noch immer bringen viele Opfer sexualisierte und sexuelle Gewalttaten nicht zur Anzeige. Zu groß sind die Scham und die Sorge vor Verurteilung durch andere und die Missachtung ihrer Erlebens:

☝️ „Du warst zu unvorsichtig!“

☝️ „Du warst falsch gekleidet.“

☝️ „Du hast es provoziert!“

☝️ „Du hast Dich nicht gewehrt oder „Nein“ gesagt.“

☝️ „Ich habe es dir doch gesagt.“

Solche Aussagen führen dazu, dass Betroffene zu Schuldigen werden. Wir alle wissen, was wir in den Augen der Gesellschaft zu tun und zu lassen haben, um kein Opfer zu werden.

Ja, Selbstschutz ist wichtig und unerlässlich. Doch Selbstschutz ist bei weitem nicht der einzige Aspekt der zu sexualisierten Gewalterlebnissen führt.

 

WAS BEDEUTET DAS?

Menschen erleben auch mit Vorsichtsmaßnahmen Übergriffe. Jede dritte Frau hat bspw. laut BKA-Statistik von 2019 einmal im Leben Gewalt erfahren. Und viele dieser Frauen haben die Ratschläge befolgt.

  • Um dennoch in einem Gefühl der Selbstwirksamkeit zu bleiben, setzt deshalb häufig eine unangemessene und destruktiv wirkende Verantwortungsübergabe an die Opfer ein. 
  • Es entstehen Schuldgefühle ohne Schuld.
  • Aufgrund dieser Dynamik versuchen Betroffene oft das Erlebte zu verstecken und Folgen alleine zu bewältigen. 
  • So können viele der Täter*innen unaufgedeckt, unkonfrontiert und straffrei weiter agieren.

 

Die Betroffenen leiden häufig ihr Leben lang unter den Folgen –  körperlich, seelisch und sozial:

Sie fühlen sich beschämt, erniedrigt und entmachtet.

Sie erleben extreme Wirkungslosigkeit, was dazu führen kann, sich selbst als Ursache des Erlebten zu konstruieren, um Handlungsfähigkeit zu erwirken.

Sie schränken ihre Bewegungsfreiheit ein, meiden Situationen und ändern ihre Kleidung. 

Sie werden psychisch und physisch krank.

 

WAS KÖNNEN WIR TUN?

Es ist wichtig, vor sexualisierter Gewalt und unangemessenen Schuldgefühlen zu schützen. Und die Verantwortung den Täter*innen zu geben. 

 

Betroffene sind nicht Schuld. Schuldig sind die Täter*innen!

 

Wird jedoch Betroffenen die Verantwortung dafür gegeben, ob sie sexuell belästigt werden oder nicht, stärkt dies die Täter*innen und ihre Tatstrategien:

„Wenn Du nicht solche Dinge sagen / mich so ansehen / dich so anziehen / so sein würdest, dann müsste ich das nicht tun.“

Die Verantwortung für Prävention und Schutz liegt für mich daher auch in uns als Gesellschaft. 

Ein sensibler und emphatischer Umgang mit Betroffenen, sichere Wege, geschützte Räume, opfergerechte Justiz, Notfall(selbst)hilfe, Zivilcourage und konsequentes Konfrontieren von Täter*innen mit der Tat sowie deutliche Konsequenzen sind wichtige Aspekte für ganzheitlichen und nachhaltigen Schutz. 

 

© by Verena Arps-Roelle

HILFEPORTALE

Bist Du selber betroffen von sexualisierter Gewalt? Kennst Du jemanden, der von sexualisierter Gewalt betroffen ist? Oder befürchtest Du, selber gewalttätig zu sein oder zu werden?

Dann findest Du hier kompetente, anonyme und kostenfreie Beratung:

HILFETELEFON
08000 116 016 und www.hilfetelefon.de

HILFETELEFON GEWALT AN MÄNNERN
0800 123 990 0 und www.maennerhilfetelefon.de

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